Feng Li
Susanna Lau

„Die Herausforderung für junge Designer in China besteht darin, internationale Aspekte und ihre chinesischen Wurzeln miteinander zu verbinden.“
SUSANNA LAU

Das Geld der chinesischen Kunden wollte die Modebranche schon immer. Jetzt aber kommen die chinesischen Modeschöpfer, schreibt die Stilikone Susanna Lau, Britin, mit Wurzeln in Hongkong.

„Du weißt doch sicher, was in China passiert, oder? Du bist doch Chinesin, stimmt’s?“, fragt mich die neugierige westliche Welt der Mode. Ich bin eine in Großbritannien geborene Chinesin.

Nach meinen jüngsten Besuchen bei der Shanghai Fashion Week kann ich konstatieren, dass es mittlerweile eine funktionierende, hochklassige Modebranche gibt. Die generellen Bemühungen, mit denen das Image Chinas von der „Fabrik der Welt“ hin zu „Erfinder der Welt“ verändert werden soll, zahlen sich in der Modeindustrie aus: Die ist dynamisch, bringt laufend neue Designer und kreative Köpfe hervor, die international Einfluss haben und eigentümliche Mode schaffen. Chinas Konsumenten verfügen über eine enorme Kaufkraft, mit der sie kaufen, was ihnen gerade angeboten wird. Sie sind klüger, anspruchsvoller und besser ausgebildet als je zuvor, dank der vielen neuen Möglichkeiten, sich über Mode informieren und inspirieren zu lassen.

Und dieser Wandel geht weiter. Im Mai gab es die nächste Shanghai Fashion Week– und die Achse der Mode wird sich wieder etwas weiter nach Osten verlagern. Mit der zunehmenden Kaufkraft ist aber auch das Bedürfnis nach einheimischer Mode gewachsen.

Die Zeit ist vorbei, in der die Szene durch einsame Pioniere geprägt wurde, heute gibt es einen großen Pool an herausragenden Talenten. Sie reisen viel, sie tauschen sich aus, so mehren sie ihr Wissen und verfeinern ihren Geschmack. Und die Kreativität zu Hause kommt in Schwung.

Die Mode-Achse hat sich noch nicht vollständig verschoben. Das Auftauchen chinesischer Modedesigner auf der großen internationalen Bühne ist immer noch nur eine Zwischenstufe. Aber ein echter Made in China Designer an  der  Spitze eines der großen Häuser könnte sehr wohl der Augenblick sein, der die obersten Etagen der Industrie aufhorchen lässt.

Im Moment gilt das Hauptinteresse der großen Konzerne noch der Kaufkraft Chinas, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das Interesse auf die chinesischen Kreativen verlagern wird. Die Frage ist nicht ob, sondern wann dieser große Moment kommt.

Eine Geschichte aus der ­Ausgabe 02/2019 des Magazins der F.A.Z. „Frankfurter Allgemeine Quarterly“
(Seite 066-069) Ausgabe 03/2019
Text (gekürzt): SUSANNA LAU
Übersetzung: DIRK KÖLLING
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages